Das Blickfeld des Menschen ist nach vorne gerichtet. Durch die seitlich am Pferdekopf sitzenden Augen sieht das Pferd einen deutlich größeren Winkel und hat nahezu einen Rundumblick mit fast je 180 Grad pro Pferdeauge.
Der Schwerpunkt des Sehwinkels liegt dabei unten, sodass das Pferd am Boden lauernde Gefahren früh entdecken kann. Daher reagieren Pferde auch oftmals gerade auf am Boden liegende Objekte, Schatten oder Bewegungen besonders empfindlich.
Das Pferd sieht nahezu alles, bis auf tote Winkel im Bereich der Nüstern und der Schweifrübe. Daher sollte man ein Pferd auch immer zuvor ansprechen, wenn man sich direkt von hinten nähert, da es einen dort einfach nicht wahrnehmen kann.
Im Gegensatz zu den Sehfeldern unserer Augen, die sich überschneiden und so binokulares Sehen ermöglichen, sieht das Pferd nur auf einem Winkel zwischen 60 und 90 Grad dreidimensional. Der Rest des Sichtfeldes wird nur mit einem Auge erfasst und wird daher als monokular bezeichnet. Trotzdem können Pferde auch in diesem Bereich räumlich sehen. Durch Erfahrungen lernt es, auch im monokularen Sichtfeld Entfernungen richtig abzuschätzen.
Das genaue Erkennen aller Farben hat in der Evolution des Pferdes keine wichtige Rolle gespielt. Daher nimmt es die Welt in weniger Farben wahr als der Mensch. Es sieht alles etwas grauer. Pferde haben nur zwei verschiedene Arten von Zapfen. Daher können sie Farben wie Blau und Gelb am besten sehen, während sie die Signalfarbe Rot nicht erkennen.
Im Dunkeln und in der Dämmerungen können Pferde besser sehen als Menschen und können sogar im Mondlicht noch Farben erkennen. Eine Art Restlichtverstärker im Auge spiegelt Licht, das die Netzhaut passiert hat und wirft es durch eine reflektierende Schicht auf der Netzhaut nochmals zurück, so wie bei Katzen, Hunden, Wild und anderen nachtaktiven Tierarten.
Außerdem haben Pferde drei Mal so viele Rezeptoren auf der Netzhaut wie der Mensch, die Helligkeitsunterschiede erfassen können. Allerdings braucht das Pferd Zeit, um das Auge von Hell auf Dunkel umzustellen. Es dauert einige Minuten, bis sich die Pupille des Pferdeauges weitet. Von Dunkel zu Hell geht die Umstellung deutlich schneller. Diesen Wechsel schafft das Pferdeauge in wenigen Sekunden.
Die querovalen Pupillen sind zudem optimal, um auch bei grellem Sonnenlicht und mit gesenktem Kopf den Horizont zu überblicken.
Das linke Auge ist mit der rechten Gehirnhelft verbunden und das rechte Auge mit der linken Gehirnhälfte. Bei der Verknüpfung hakt es aber. Daher gehen Pferde an manchen Objekten von der einen Seite gelassen vorbei, scheuen jedoch von der anderen Seite.
Es ist wichtig, dass wir die „Sichtweise“ der Pferde verstehen und wissen, wie sie ihre Umgebung wahrnehmen. Nur so kann man mit dem Pferd richtig umgehen, sein Verhalten korrekt deuten und richtig darauf reagieren.