Verdauung

Kotwasser

Veröffentlicht am 31.07.2023
Verdauungsprobleme – insbesondere Kotwasser – stellen Pferd und Pferdehalter vor eine große Herausforderung, denn neben den kosmetischen Problemen können langfristig auch Hautprobleme auftreten, wenn Kotwasser tagtäglich die Hinterbeine herunterläuft. Das Waschen und Pflegen der betroffenen Hautpartien gestaltet sich besonders in den Wintermonaten nicht einfach, vor allem wenn im Stall kein warmes Wasser zur Verfügung steht. Bislang ergaben Forschungsarbeiten zu dem Thema, dass die Ursachen hierfür sehr vielfältig sind. Aufgrund der Komplexität des Problems ist es umso schwieriger, eine andauernde und zuverlässige Lösung zu finden. Nur durch die Klärung der Ursache ist die Lösung des Problems möglich. Wir erklären in diesem Beitrag, was Kotwasser eigentlich ist und wie Kotwasser vorgebeugt werden kann.
Symptome Wie erkenne ich, ob mein Pferd Kotwasser hat?

Kotwasser bedeutet, dass das Pferd Darmsekret absetzt. Normalerweise wird der Großteil freier Flüssigkeit im Blinddarm und Dickdarm absorbiert. Bei Pferden mit einem Kotwasserproblem wird das freie Darmwasser mit dem Kot oder auch ganz unabhängig vom Kotabsatz ausgeschieden. Dabei kann die Flüssigkeitsmenge sehr variieren. Der Kot selbst bleibt in der Regel normal geformt. Forschungsarbeiten zum Thema weisen darauf hin, dass im Offenstall gehaltene Pferde mit ad libitum Weide und/oder Heufütterung häufiger betroffen sind. Eine Feldstudie kam zu dem Ergebnis, dass rangniedrige Pferde (sozialer Stress) häufiger betroffen sind, wie auch generell männliche Pferde und Schecken. 

Wenige Tropfen sind völlig unproblematisch und gehören auch zu normalen Verdauungsprozessen dazu. Haben Pferde Stress, zum Beispiel auf einem Turnier oder während eines Transports, sind Kotwasser und leichte Durchfälle normal. Auch bei Futterwechsel oder im Anweideprozess ist ein wenig Kotwasser normal und verschwindet von alleine wieder. Läuft es aber dauerhaft über mehrere Wochen die Beine herunter, wird es schnell zu einem Problem. Denn das Darmsekret reizt die Haut zwischen den Hinterbeinen und auch die Beine. Kotwasser kann mit und ohne Kotabsatz erfolgen. Manchmal läuft es und manchmal spritzt es förmlich nur so heraus. Wie, wo und warum Kotwasser bei Pferden entsteht, kann viele Gründe haben. Sicher ist, dass es nicht nur einen Auslöser gibt. Um Kotwasser erfolgreich zu behandeln ist es notwendig, sehr diszipliniert und mit Plan auf die Suche nach der Ursache zu gehen, anstatt wahllos Therapien und Zusatzfuttermittel aneinander zu reihen.

Ursachen Ursachen für Kotwasser beim Pferd

Der häufigste Auslöser für Kotwasser ist psychischer und körperlicher Stress. Ist der Stressauslöser kurzfristig, verschwindet das Problem von alleine wieder. Besonders Stress in Gruppenhaltungen mit zu wenig Raumangebot, nicht optimal zusammengesetzten Offenstallgruppen oder zu wenig Auslauf bei Boxenhaltung können Kotwasser auslösen. Bei Jungpferden kann zu schnelles oder zu frühes absetzen von der Mutterstute, zu große oder zu ruppige Gruppenhaltung in der Aufzucht und sogar zu frühes und zu schnelles anreiten zu großem Stress führen. Auch große Unruhe im Stall oder ein allgemeines schlechtes Stallklima kann bei Pferd und Besitzer zu Problemen führen. Viele Pferde mit Kotwasser zeigen auch ein ungewöhnliches Ruheverhalten und legen sich nicht ausreichend zum Schlafen ab. Das führt zu einer schlechten REM-Schlafphase, die schnell zu Folgeproblemen führen kann. Daher kann auch die Überwachung des Ruhe- und Liegeverhaltens Aufschluss über das Stresslevel des Pferdes geben. Stehen Pferde in Boxenhaltung und haben keinerlei normales Herdenleben, kann dies Kotwasser auslösen. Leider kann auch der Pferdebesitzer der eigentliche Stressauslöser sein, wenn der Anspruch an das Pferd zu hoch ist. Manche Pferde reagieren aber auch auf Langeweile und Unterforderung mit Stress. Mangelernährung kann ein Auslöser für Kotwasser sein. Wenn Pferde zu wenig Raufutter erhalten oder unter einem langfristigen Eiweißmangel leiden, kann dies die Organgesundheit des Verdauungstraktes angreifen. Der Effekt davon kann Kotwasser sein. Auch ein langanhaltender Mangel an allen wichtigen Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen kann Kotwasser auslösen. Diese Mangelernährung kann auch bei fettleibigen Pferden auftreten. Ein Pferd kann also sowohl überernährt im Bereich der Kohlenhydrate und unterernährt im Bereich der restlichen Nährstoffe sein. Allerdings sollte man auch immer nach einer möglichen Vergiftung Ausschau halten. Denn auch eine Vergiftung durch Lagerpilze, Giftpflanzen oder Futtermittel – zum Beispiel viel zu hoch dosierte Mineralfuttermittel – können Kotwasser auslösen. Diese Vergiftungen zeigen sich häufig durch schlechte Leberwerte in einem Blutbild, Apathie und Abgeschlagenheit oder gelbe Schleimhäute. Jedoch kann auch eine Mangelernährung schlechte Leberwerte produzieren. Wenn Pferde unter Mangelbewegung leiden, das heißt sie werden zu wenig bewegt, geritten oder gefahren, kann es einerseits zu erwähntem Stress führen. Andererseits kann es besonders bei sehr leistungsstarken und robusten Rassen wie Tinkern, Haflingern etc. zu einer schlichten Wasseransammlung im Gewebe kommen, was der Körper nicht alleine über die Niere ausscheidet. Darmparasiten können Kotwasser auslösen. Dazu gehören sowohl die kleinen Strongyliden als auch die Magendassel sowie Spulwürmer. Daher sollte bei Kotwasser immer auch ein Blick auf den Parasitenstatus des Pferdes geworfen werden. Gleichzeitig sollte man den Kot auf Sand hin untersuchen lassen. Denn auch eine große Sand- und Erdaufnahme bei Pferden kann zu Kotwasser führen. Tritt Kotwasser spontan auf, sollte man auch noch einmal den Zahnarzt bestellen, um etwaige Zahnprobleme abklären zu lassen. Besonders wenn die Faserlänge im Kot plötzlich ansteigt, kann ein Zahnproblem vorliegen. Wenn ein Pferd nicht mehr richtig kauen kann, begünstigt dies Kotwasser, Aufgasungen und im schlimmsten Falle auch eine Kolik. Kotwasser kann jedoch auch ein Anzeichen für eine schwere Erkrankung des Magens und des Darmes sein. Nicht immer sind die Auslöser so harmlos wie die bisher genannten. Viele Pferde mit Kotwasser zeigen Auffälligkeiten beim Putzen und Satteln. Sie sind besonders empfindlich auf Berührungen am Bauch, Gasen häufig auf, knirschen mit den Zähnen oder zeigen „Zickigkeit“ und Übersprungshandlungen. Oft ist das Fressverhalten auffällig und die Pferde schwanken zwischen Lethargie und Aggression, sowohl im Sozialverhalten als auch unter dem Sattel. Reagieren Pferde mit starkem Kotwasser auf grobes Heu oder Stroh, liegt meist ein entzündlicher Prozess im Magen- oder Darmbereich vor. Bei Stuten können Eierstockzysten und dadurch entstehender Schmerz Kotwasser auslösen. Auch spät oder nur schlecht kastrierte Wallache können zumindest ähnliche Verhaltens- und Kotwasserprobleme entwickeln. Dieses Phänomen kann seit ein paar Jahren vermehrt bei importierten Pferden aus Spanien und Portugal beobachtet werden. Je nach Kastrationstechnik verbleibt ein geringes Hodengewebe, sodass die Pferde sehr „hengstig“ sind und eine üppige Menge an Mähne und Schweif aufgrund hoher Testosteronwerte erhalten bleibt. Stehen diese Pferde dann allerdings in geschlechtsgemischten Gruppen, können sie dort deutliches Hengstverhalten entwickeln und sind dadurch permanent gestresst.

Auf einen Blick: Mögliche Ursachen & Risikofaktoren für Kotwasser

Fütterungsmanagement:

  •  Zu wenig Raufutter/zu viel Raufutter
  • Überhöhte Kraftfuttermengen
  • Training unmittelbar vor/nach der Fütterung
  • Spontaner Futterwechsel
  • Zu hohe Stärkemengen pro Mahlzeit
  • Zu lange Fresspausen (> 4 h)
  • Wassermangel
  • Ende der Weidesaison
  • Wechsel von Weide zu reiner Heufütterung
  • Stark überständiges Heu mit hohem Ligningehalt

Unverträgliche Futtermittel und aufgenommene Schadstoffe:


  • Keimbelastung der Futtermittel (Mykotoxine)
  • Silage/Heulage
  • Holzschutzmittel 
  • Giftpflanzen 
  • Wasserverunreinigung (Schwermetalle) 
  • Sand im Verdauungstrakt


Krankheiten:


  • Dysbiosen
  • Darmentzündung (IBD)
  • Leberprobleme
  • Schmerzen
  • Allergien
  • Vergiftungen
  • Infektionen
  • Magengeschwür


Physische & psychische Faktoren bzw. Stress durch:

  • Futterneid
  • Unpassende Gruppenhaltung
  • Überforderung durch übermäßiges oder unsachgemäßes Training
  • Bewegungsmangel
  • Wetterwechsel
  • Hitze
  • Unpassende Ausrüstung, die zu Schmerzen führt

Dass sich der Zahnstatus und ein Parasitenbefall direkt auf die Entstehung von Kotwasser auswirkt, konnte bislang nicht belegt werden, lässt sich aber auch nicht auszuschließen.

Wie kann ich meinem Pferd helfen?

Die Behandlung von Kotwasser ist so vielfältig wie die Menge der möglichen Auslöser. Zunächst muss der Pferdebesitzer den oder die Gründe für das Kotwasser identifizieren. Dabei hilft neben einem Kotwassertagebuch das genaue Aufzeichnen der Futtermittel, der Nutzung des Pferdes, des Verhaltens sowie weiterer auffälligen Symptomatiken. Vor allem die externen Einflüsse wie Stress in der Herde, mangelnde Ruhemöglichkeiten, reiterliche Einflüsse oder Mangelbewegung sind zunächst abzustellen. Danach erfolgen die Kontrolle und Korrektur der Ration des Pferdes. Defizite und Überangebote müssen genau identifiziert werden, bevor Rationsanpassungen gemacht werden. Dies ist besonders wichtig, da ansonsten weitere Auslöser für eine Weile überdeckt werden. Auch Giftpflanzen oder Pilzbelastungen sollten direkt abgestellt werden. Leidet das Pferd unter Mangelbewegung durch zu wenig Auslauf und zu wenig Bewegungsanspruch, wird ein etwas intensiveres Training das Kotwasser sofort verbessern. Allerdings muss oft kurz nach Anhebung der Laufleistung auch die Ration neu angepasst werden. Wenn Stuten auffällig rossen und Wallache auffallend hengstig bleiben, sollte immer ein Tierarzt hinzugezogen werden, um die Situation einzuschätzen. Darmparasiten können über eine Kot- und Speichelprobe (bei Bandwürmern) identifiziert und durch den Tierarzt entsprechend behandelt werden. Gerade bei Pferden mit unklarem Wurmstatus ist dies besonders empfehlenswert. Gibt es einen Verdacht auf eine schwere Entzündung des Magen-Darm-Traktes, ist Eile geboten. Das Pferd muss zügig einem Tierarzt vorgestellt werden. Magengeschwüre und Darmentzündungen können lange beinahe unbemerkt vor sich hin schwelen und sich kurzfristig zu einer lebensbedrohlichen Situation verstärken. Als letzte Option kann man bei Kotwasser einen Blick auf die Darmflora werfen. Echte „Entgleisungen“ sind jedoch beinahe unmöglich, auch wenn dies oft postuliert und suggeriert wird. Auch vermeintliche Speziallabore, die das „Fehlen einer Darmflora“ attestieren oder dem Kunden mitteilen, das Pferd würde „innerlich verschimmeln“, sind mit großer Skepsis zu betrachten. Damit ist eines der größten Mythen beim Thema Kotwasser der Versuch einer Darmsanierung und Ausleitung von Giftstoffen aus dem Darm. Unter den häufig empfohlen Zusatzfuttermitteln findet man vor allem stark entwässernde und die Darmperistaltik anregende Kräutermischungen sowie Quell- und Bindemitteln, die große Mengen Flüssigkeit binden können. Das ist zwar eine gute Idee, jedoch erst nach der Identifikation der Hauptauslöser. Ansonsten wird das Problem Kotwasser lediglich temporär überdeckt.

Das richtige Futter unterstützt das Pferd bei Kotwasser

Es gibt viele Ansätze zur Behandlung von Kotwasser, nachdem der Auslöser identifiziert und abgestellt wurde. Nur dann kann eine Intervention durch Futtermittel erfolgreich sein. Unter die bereits erwähnten Quell- und Bindemittel fallen Leinsamen und Pektine, aber auch Flohsamenschalen. Alle drei sollten immer angefeuchtet verfüttert werden. Gelegentlich können auch Heucobs helfen, einen angegriffenen Magen- und Darmtrakt zu beruhigen. Diese sollten mit viel Wasser angegossen werden, um ein Aufquellen in der Speiseröhre zu vermeiden. Der Einsatz von Bierhefe und Biertreberhefe hat sich bei Pferden mit Kotwasser bewährt, sofern keine Unverträglichkeit vorliegt. Diese sollte aber gerade bei stark betroffenen Pferden langsam angefüttert werden. Auch ein Mash aus Weizenkleie, Leinsamen sowie Hafer oder Haferflocken kann aufgrund der großen Nährstoffdichte die Ration ergänzen. Kommen Kräutertees zum Einsatz, haben sich Kamillentee sowie Fenchelsamentee bewährt. Dies kann mit einer geringen Menge Mariendistelsamen und Birkenblättern angereichert werden, um die Verdauungsfunktionen zu unterstützen. Ein wenig Vorsicht ist beim Einsatz von Gesteinsmehlen geboten. Sie binden enorme Mengen Wasser und sollten, wenn nur über wenige Tage in Folge eingesetzt werden. Ansonsten könnten sie die Magen- und Darmwände des Pferdes unnötig reizen und zudem weitere Nährstoffe, zum Beispiel aus dem Mineralfutter binden, sodass diese nicht mehr resorbiert werden können.

Passende Produkte
Vermeidung bestimmter Futtermittel beugt Kotwasser beim Pferd vor

Der Einsatz von Milchprodukten beim Pferd verbietet sich. Auch wenn es immer mal wieder empfohlen wird: Das Pferd verträgt weder Joghurt noch Kefir. Auch im Supermarkt erhältliche Kultur-Produkte mit besonderen Bakterien dürfen nicht an Pferde verfüttert werden. Sie stören sowohl die Magen- als auch die Darmgesundheit und können schwerste Durchfälle auslösen, die das Pferd stark dehydrieren könnten. Es drohen schwere Koliken. Auch der oft empfohlene Backhefe-Würfel aus dem Kühlregal kann innerhalb weniger Stunden eine lebensbedrohende Gefahr darstellen, da es zu einer schweren Aufgasung des Magens, bis hin zur Magenruptur sowie einem Aufplatzen des Dünndarms sorgen kann. Nur Hefen, die inaktiv und für den Pferdebereich zugelassen sind, dürfen an ein Pferd verfüttert werden.